Bei ca. 2/3 aller MG-Patientinnen kommt es während der Menstruation zu Verschlechterungen ihrer Symptome. Die Fruchtbarkeit scheint durch die Erkrankung nicht eingeschränkt. Es ist nicht klar, welche Auswirkungen hormonelle Stimulationsbehandlungen im Rahmen eines unerfüllten Kinderwunsches haben. Sollten Sie an einer Myasthenie erkrankt sein und eine hormonelle Stimulationsbehandlung planen, dann melden Sie sich bitte unter mg.kinderwunsch@klinikum-bochum.de bei uns. Wir möchten untersuchen, ob Wechselwirkungen und Krankheitsveränderungen durch die Stimulationsbehandlung entstehen.
Eine Schwangerschaft hat wahrscheinlich keinen negativen Einfluss auf den Langzeitverlauf der MG. Der Krankheitsverlauf während der Schwangerschaft ist nur schwer vorherzusagen, da dieser individuell sehr unterschiedlich ist. Vor allem während des zweiten und dritten Trimenons kann bei einigen Patienten eine deutliche Verbesserung der Symptome beobachtet werden (1, 2). Bei circa einem Drittel der Frauen verschlechtern sich die Symptome nach der Geburt (3).
Es wurde beobachtet, dass eine kurze Krankheitsdauer das Risiko für eine Verschlechterung der Krankheitsaktivität während der Schwangerschaft erhöht (3).
a) Auswirkung der Erkrankung auf den Schwangerschaftsverlauf
Im Wesentlichen ähneln die Schwangerschaftsverläufe von MG-Patientinnen denen gesunder Frauen. Das Risiko für Spontanaborte wird durch die Erkrankung nicht beeinflusst (1), allerdings wurde gehäuft von einem vorzeitigen Blasensprung berichtet, ohne dass dadurch die Frühgeburtenrate erhöht wird (4).
In einigen Fällen wurde von einer Präeklampsie bei MG-Patientinnen berichtet (5-7). Dies stellt eine therapeutische Herausforderung dar, da das üblicherweise zur Therapie der Präeklampsie eingesetzte Magnesiumsulfat zu einer Verschlechterung der Myasthenie führen kann. Da es sich bei der Präeklampsie um eine potentiell lebensbedrohliche Erkrankung handelt, muss diese in jedem Fall behandelt werden. Die intravenöse Gabe von Neostigmin stellt eine Alternative dar (8).
Besonderheiten ergeben sich eventuell durch die Medikation, die wegen der Erkrankung eingenommen wird (spezifischere Informationen sind im Abschnitt „Medikamentöse Therapien während der Schwangerschaft“ nachzulesen). In der Schwangerschaft kann theoretisch das Risiko für Infektionen erhöht sein, die wiederum das Risiko einer Verschlechterung der Myasthenie erhöhen können. Infekte sollten wie auch sonst zügig und konsequent behandelt werden. Antibiotika, die die Symptome der MG verschlechtern können (z.B. Ciprofloxacin, Erythromycin oder Penicilline in besonders hohen Dosierungen), sollten vermieden werden.
b) Entbindung
Die meisten MG-Patientinnen können problemlos vaginal entbinden. Grundsätzlich gibt es hinsichtlich der Wehentätigkeit keine Unterschiede zu gesunden Frauen. Während der Austreibungsphase des Kindes, die die aktive Mitarbeit der Mutter fordert, kann es allerdings zur Erschöpfung und Kraftminderung der Muskulatur kommen. Eine assistierte Zangen- oder Saugglockenentbindung, oder auch die intravenöse Gabe von Cholinesteraseinhibitoren (vorzugsweise Neostigmin) leisten in diesen Fällen Unterstützung (3).
Die MG selbst ist keine Indikation zum Kaiserschnitt. Ein Kaiserschnitt sollte nur aus geburtshilflichen Indikationen (z.B. Kindslage) durchgeführt werden, da der damit verbundene Stress zu einer Verschlechterung der Krankheitsaktivität führen kann (2, 9). Notfallkaiserschnitte sollten auf Grund der Gabe von Muskelrelaxantien sowie Narkotika und dem damit einhergehenden Risiko für Atemdepressionen bei Mutter und Kind vermieden werden.
Eine PDA ist die schonendste Anästhesie, sowohl bei Schnitt- als auch bei vaginalen Entbindungen (10).
Die Entbindung sollte in einem Krankenhaus der Maximalversorgung stattfinden, in der sich Myasthenie erfahrene Neurologen in enger Zusammenarbeit mit der Gynäkologie und Geburtshilfe, Neonatologie und Anästhesiologie befinden. Die Möglichkeit einer intensivmedizinischen Behandlung ist zwar selten nötig, kann aber in Einzelfällen für Mutter und Neugeborenes notwendig werden.
Grundsätzlich sind die meisten Babys von MG erkrankten Frauen gesund. Das Risiko für Spontanaborte, Frühgeburten, Totgeburten und einem niedrigen Geburtsgewicht ist gegenüber der Normalbevölkerung nicht erhöht. Bei 10% - 20 % der Neugeborenen können die mütterlichen Antikörper gegen Acetylcholin, die schon in der Schwangerschaft auf das Baby übertragen werden, eine vorübergehende neonatale Myasthenie bei den Neugeborenen verursachen (1). Das Kind selbst ist dann nicht an einer Myasthenie erkrankt, und die Symptome verschwinden nach wenigen Wochen. Dennoch kann eine Behandlung der Neugeborenen notwendig werden.
Symptome können ein schlaffer Muskeltonus, schwaches Saugen oder Schreien sein. Bei ausgeprägten Formen kann eine Ateminsuffizienz auftreten, was eine intensivmedizinische Versorgung bedingen kann. Diese Symptome treten in der Regel circa 48 Stunden nach der Geburt auf, halten durchschnittlich 4-16 Wochen an und können eine Pyrido- oder Neostigmin-Therapie des Säuglings erfordern. Bei schweren Verläufen kann auch eine vorübergehende maschinelle Beatmung des Säuglings notwendig werden.
Sehr selten tritt eine sogenannte Arthrogryposis multiplex congenita auf (11). Dabei sind im Neugeborenen mütterliche Antikörper gegen den Acetylcholinrezeptor nachweisbar. Dieses Krankheitsbild kann mit Auftreten einer Myopathie (Muskelschwäche) im Sinne eines fetalen Acetylcholin-Rezeptor-Inaktivierungs-Syndrom bis hin zu schwerstgradigen Knochendeformationen reichen und sich vielgestaltig darstellen. Hat eine Frau ein Kind mit einer Arthrogryposis geboren, ist das Risiko in einer nächsten Schwangerschaft erhöht.
Prognosen für das Auftreten in folgenden Schwangerschaften sind nicht möglich, da das Auftreten weder mit der Schwere der mütterlichen MG noch mit der Höhe des Antikörpertiters zusammenzuhängen scheint.
Cholinesteraseinhibitoren (ChEI) stellen die wichtigste symptomatische Therapie dar. Die am häufigsten verwendete ChEI sind Pyridostigmin und Neostigmin, beides in geringem Maße plazentagängige Substanzen.
In Tierversuchen wurden für ChEI keine Fehlbildung bewirkenden Effekte (Teratogenität) beschrieben, negative Auswirkungen auf den Feten (Fetotoxizität) zeigten sich nur in einem Dosisbereich, der auch für das Muttertier toxisch war (12).
Zahlreiche Fallberichte und Fallserien zur Therapie mit ChEI im empfohlenen Dosierungsbereich von 600mg/Tag während der Schwangerschaft geben keinen Hinweis auf ein teratogenes Potential beim Menschen (3, 9, 13-15). Die Gabe von intravenösen ChEI kann jedoch zur Auslösung von vorzeitigen Wehen führen (16)
Pyridostigmin geht nur in sehr geringem Maße in die Muttermilch über. Gestillte Säuglinge von Müttern, die mit Pyridostigmin behandelt werden, sind weniger als 0,1 % der mütterlichen Dosis ausgesetzt (15).
ChEI können auch während der Schwangerschaft in der üblichen Dosierung angewandt werden. Die Gabe von intravenösen ChEI besonders zum Ende der Schwangerschaft wird aufgrund der möglichen Uteruswirkung nicht empfohlen.
Stillen unter ChEI ist nach Risiko-Nutzen-Abwägung möglich. Auf potentielle Nebenwirkungen beim Säugling wie z.B. Bauchkrämpfe sollte geachtet werden.
AZA ist ein bereits lange zugelassenes Immunsuppressivum. Es greift in die DNA Synthese ein und überwindet die Plazentaschranke. Dennoch wurden in Tierversuchen nur bei sehr hohen Dosen, die außerhalb des therapeutischen Bereichs beim Menschen liegen, Fehlbildungen bei den Jungtieren beobachtet (17). Im normalen Dosisbereich wurde ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten und ein geringes Geburtsgewicht bei den Jungtieren beschrieben (18). Bei männlichen Mäusen führten sehr hohe AZA Dosierungen zu einer beeinträchtigten Spermienproduktion sowie zu einer verringerten Beweglichkeit und Lebensfähigkeit der Spermien (19). In niedrigeren Dosierungen war die Spermienproduktion nicht beeinträchtigt, jedoch wurde eine erhöhte Anzahl an Fehlgeburten beobachtet, die wahrscheinlich auf Spermienschäden zurückzuführen sind (20).
Laut den Empfehlungen des Herstellers sollen sowohl Männer als auch Frauen während der Behandlung mit AZA empfängnisverhütende Maßnahmen treffen. Eine Anwendung von AZA während der Schwangerschaft sollte nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko Bewertung erfolgen. Männer sollen bis 6 Monate nach der Behandlung keine Kinder zeugen (21).
Dennoch wurden bisher mehr als 1.000 Fälle in der Literatur beschrieben, in denen sowohl Transplantationspatienten als auch Patienten mit Autoimmunerkrankungen mit AZA während der Schwangerschaft behandelt wurden (22-24). Die meisten Studien fanden keinen Hinweis auf ein erhöhtes Risiko für das ungeborene Kind durch eine AZA Therapie (25, 26-30), einzelne Studien beschreiben ein gehäuftes Auftreten von angeborenen Herzfehlern (31), Blutbildauffälligkeiten, Frühgeburten und einem niedrigen Geburtsgewicht (31, 32).
AZA wird sehr schnell aus dem Körper eliminiert. Nach einem Tag sind weder AZA selbst noch dessen Stoffwechselprodukte im Blut nachweisbar. Es wird angenommen, dass nur inaktive Stoffwechselprodukte, die keine Wirkung beim Feten verursachen können, über die Plazentaschranke transportiert werden (33) und es somit zu keinem erhöhten Risiko für den Feten kommt (34).
In einer systematischen Untersuchung an 331 Männern, die während der Konzeption mit AZA therapiert wurden, wurde kein Einfluss der Therapie auf den Schwangerschaftsausgang beschrieben (35), ebenso gab es keinen negativen Einfluss auf die Spermienqualität (36).
Eine Behandlung mit AZA während der Stillzeit ist vom Hersteller nicht empfohlen. Allerdings fanden zwei kleine Studien nur sehr geringe Menge an AZA oder dessen Stoffwechselprodukten in der Muttermilch. In einer Fallserie mit 10 Frauen wurden nur in 2 Muttermilchproben AZA, aber keine aktiven Stoffwechselprodukte, nachgewiesen (37). Eine andere Fallserie mit 8 Frauen berichtet über AZA Dosierungen in der Muttermilch kleiner als 1 % der mütterlichen Dosierung (38).
Zusammen genommen kann AZA während der Schwangerschaft als relativ sichere Option angesehen werden, obwohl ein geringfügig erhöhtes Risiko für unerwünschte Ergebnisse theoretisch noch bestehen könnte. Ein Fortführen der AZA Therapie während der Schwangerschaft kann daher für ausgewählte Patienten, abhängig von der Krankheitsaktivität und einer sorgfältigen Nutzen-Risiko Abwägung, in Betracht gezogen werden. Blutbildauffälligkeiten, Frühgeburten und ein geringes Geburtsgewicht wurden zwar berichtet, es ist jedoch noch nicht abschließend geklärt, ob dies durch die AZA Therapie beeinflusst wurde. Sollte die Behandlung durch die Schwangerschaft fortgeführt werden, ist eine regelmäßige Untersuchung auf Leukopenie (zu wenig weiße Blutkörperchen) und Thrombozytopenie (zu wenige Thrombozyten) bei der Mutter sowie engmaschige Ultraschalluntersuchungen zur Überwachung der fetalen Organ- und Wachstumsentwicklung empfohlen. Eine Blutbildkontrolle beim Neugeborenen sollte bei Einnahme im letzten Schwangerschaftsdrittel ebenfalls erwogen werden.
Da aktive Stoffwechselprodukte nur in sehr geringem Maße in der Muttermilch nachweisbar sind, kann erwogen werden unter einer Therapie mit AZA zu stillen. Liegt allerdings beim Kind ein sehr seltener, erblich bedingter Mangel eines bestimmten Enzyms vor (Thiopurin-Methyltransferase), welches für den Abbau des Medikamentes verantwortlich ist, könnte daraus eine Knochenmarkschädigung mit Blutbildauffälligkeiten entstehen. Daher sollte erwogen werden, das Blutbild des Kindes während der Stillzeit im Verlauf zu kontrollieren.
Sollte mit einer Immuntherapie alleine keine ausreichende immunsuppressive Wirkung erzielt werden können, werden Steroide in Kombination angewandt. In der Schwangerschaft sollten nicht-fluorierte Steroide wie Prednison, Prednisolon oder Methylprednisolon bevorzugt werden, da diese nur zu ca. 10 % plazentagängig sind (39, 40). Die Wirkdauer dieser Steroide ist mit 12-36 Stunden sehr kurz, wohingegen fluorierte Steroide wie Betamethason oder Dexamethason erst nach 2,5 Tagen aus dem Körper eliminiert sind.
In mehreren Tierversuchen wurde ein Zusammenhang zwischen einer Steroidexposition in der Frühschwangerschaft und dem Auftreten von Gaumenspalten nachgewiesen (41-43). Im Menschen wurde dies jedoch bisher weder widerlegt noch bestätigt. Mehrere große Studien haben ein leicht gehäuftes Auftreten von Lippen-Kiefer-Gaumenspalten nach Steroidexposition im 1. Trimenon der Schwangerschaft beobachten können (44-46), wohingegen andere Studien keine eindeutige Assoziation gefunden haben (47-49). Insgesamt ist also ein leicht erhöhtes Risiko für Lippen-Kiefer-Gaumenspalten nicht auszuschließen, wenn Steroide im späten Verlauf des ersten Trimenons (8.-11- Woche pm) gegeben werden.
Außerhalb des 1. Trimenons wird davon ausgegangen, dass Steroide kein erhöhtes Risiko für eine Gaumenspalte darstellen. In Abhängigkeit von Therapiedauer und Dosierung kann es jedoch zur intrauterinen Wachstumsverzögerung (IUGR), zur Frühgeburt sowie zur vorübergehenden Hypoglykämie, Hypotonie und Elektrolytstörungen kommen (50, 51). Auch bei tgl. Dosen von >= 10 mg Prednisolonäquivalent/Tag ist das Risiko für eine Frühgeburt erhöht. Sollte eine Steroidtherapie bis kurz vor die Geburt notwendig sein, ist auf eine mögliche Nebenniereninsuffizienz des Neugeborenen zu achten.
Steroide gelangen in die Muttermilch, wenn auch nur in sehr geringen Mengen (52, 53). Basierend auf 9 Frauen mit MS, die während der Stillzeit Steroide erhalten haben, konnte berechnet werden, dass nur 0,71% der mütterlichen Dosierung zum Säugling gelangen, was 10-fach geringer ist als die theoretisch akzeptable Dosis für einen Säugling (54). Bei den gestillten Säuglingen wurden keine negativen Effekte beobachtet.
Nach Nutzen-Risiko-Abwägung ist eine Therapie mit Steroiden in der Schwangerschaft zu jedem Zeitpunkt möglich. Es sollte die niedrigste effektive Dosis gewählt werden und die Indikation kritisch gestellt werden. Eine intensivierte Ultraschallvorsorge mit Überwachung des fetalen Wachstums ist in beiden Fällen angeraten.
Die Anwendung von nicht-fluorierten Steroiden während der Stillzeit ist ohne Einschränkungen möglich. Bei Dosen bis zu 10 mg/Tag liegt die über die Muttermilch aufgenommene Menge unter der Nachweisgrenze. Auch unter länger dauernder Behandlung mit 80 mg/Tag wird mit der Muttermilch nur eine Prednisolonmenge übertragen, die weniger als 10 % der körpereigenen Cortisol-Produktion entspricht (99).
Mycophenolatmophetil (MMF) ist ein Immunsuppressivum, welches die Teilung und das Wachstum der Lymphozyten hemmt. Bereits nach wenigen Tagen ist MMF aus dem Körper ausgeschieden (55).
Im Gegensatz zu Azathioprin, bei dem im Tierversuch nur in sehr hohen Dosierungen Fehlbildungen bei den Jungtieren auftraten, wurden bei der Anwendung von MMF während der Tragezeit bereits reproduktionstoxische Eigenschaften beobachtet, wenn die Dosierung unterhalb des beim Menschen üblichen therapeutischen Bereichs lag. Es traten sowohl vermehrt Fehlgeburten als auch Fehlbildungen von Ohren, Augen, Gesicht, Speiseröhre, Extremitäten und Nieren sowie Zwerchfellhernien und Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten auf (56).
Dementsprechend wurde auch bereits beim Menschen eine erhöhte Fehlgeburten (45 %)- und Fehlbildungsrate (26 %) mit Beeinträchtigung der Augen, Ohrmuscheln und des Gehörgangs sowie Gaumenspalten beschrieben (57-60), wenn MMF während der Schwangerschaft eingenommen wurde.
Bei insgesamt mehr als 350 männlichen Transplantationspatienten, die MMF währen der Konzeption erhalten haben, wurde kein erhöhtes Risiko für negative Schwangerschaftsausgänge beobachtet (61, 62).
Zur Anwendung von MMF während der Stillzeit liegen bisher nur sehr wenige Daten vor. Eine kleine Studie berichtet von 6 Kindern, die ohne Auffälligkeiten unter der Therapie gestillt wurden (63). Ob MMF in die Muttermilch übergehen kann ist bisher nicht bekannt, daher sollten Patienten während der Stillzeit die Therapie unterbrechen oder gegebenenfalls besser erprobte Therapieoptionen wählen.
Die Anwendung von MMF während der Schwangerschaft ist streng kontraindiziert, da es sich um einen bekannten fruchtschädigenden Stoff (Teratogen) handelt. Daher müssen vor der Anwendung von MMF zwei negativen Schwangerschaftstests, mit einem empfohlenen Abstand von 8-10 Tagen, vorliegen und bei jeder Verhütungslücke wiederholt werden. Eine Schwangerschaft ist während der Therapie unbedingt zu vermeiden, daher sollen Frauen im gebärfähigen Alter bis zu 6 Wochen nach der Anwendung vorzugsweise zwei ergänzende Verhütungsmaßnahmen gleichzeitig anwenden.
Frauen wird empfohlen, die Therapie mindestens 6 Wochen vor einer geplanten Schwangerschaft zu beenden und gegebenenfalls auf eine Alternativtherapie (Azathioprin, Rituximab) zu wechseln. Sollte es zu einer unbeabsichtigten Anwendung während der Schwangerschaft kommen, wird eine intensivierte Ultraschalluntersuchung einschließlich einer Organfeindiagnostik empfohlen.
Obwohl laut Fachinformation auch Männer mindestens 90 Tage nach Beenden der Therapie noch effektive Verhütungsmaßnahmen anwenden solle, raten einige Mediziner bereits auf Grund der Datenlage, die MMF Behandlung bis zur Konzeption und auch darüber hinaus fortzuführen (62).
Ciclosporin ist ein Immunsuppressivum, das über Verminderung der T-Lymphozytenaktivierung wirkt. Da es sich um ein kleines Polypeptid aus 11 Aminonsäuren handelt, kann Ciclosporin die Plazentaschranke überwinden.
In Tierversuchen zeigten sich keine Fehlbildung bewirkenden Effekte (Teratogenität). Negative Effekte beim Feten (Fetotoxizität) wurden nur in einem Dosisbereich beobachtet, die auch für das Muttertier toxisch waren (64).
Beim Menschen wurden bisher Daten zu mehr als 1.000 exponierten Schwangerschaften veröffentlicht (65, 66). Darunter wurde eine erhöhte Anzahl an Frühgeburten und ein verringertes Geburtsgewicht bei den Säuglingen sowie vermehrte mütterliche Komplikationen (Präeklampsie, Hypertonie) beschrieben. Diese Beobachtungen können jedoch auch auf die zugrundeliegende Erkrankung der Mutter zurückzuführen sein.
Bisher sind 76 Kinder bekannt, die unter Ciclosporin gestillt wurden (65). Bei der Mehrheit der Kinder war Ciclosporin im Blut nicht nachweisbar und es wurden keine Auffälligkeiten bei den Säuglingen berichtet.
Zusammenfassend kann die Fortführung einer Ciclosporin Medikation in der Schwangerschaft bei fehlenden Alternativen vertreten werden. Stabil eingestellte Patienten sollten nicht umgestellt werden, da eine gute Kontrolle der Krankheitsaktivität den Schwangerschaftsverlauf positiv beeinflusst.
Bei stabil auf Ciclosporin eingestellten Patientinnen kann das Stillen unter der Therapie erwogen werden.
Wie auch Ciclosporin führt die Einnahme von Tacrolimus zur Verminderung der T-Lymphozytenaktivierung. Tacrolimus ist ebenfalls plazentagängig.
In Tierversuchen zeigten sich keine Fehlbildung bewirkenden Effekte (Teratogenität). Negative Effekte beim Feten (Fetotoxizität) wurden bei Dosierungen beobachtete, die auch für das Muttertier toxisch waren (67).
Darunter wurde eine erhöhte Anzahl an Frühgeburten und ein verringertes Geburtsgewicht bei den Säuglingen sowie vermehrte mütterliche Komplikationen (Gestationsdiabetes) beschrieben. Diese Beobachtungen können jedoch auch auf die zugrundeliegende Erkrankung der Mutter zurückzuführen sein.
Die bisher veröffentlichten Daten zu Vätern, die mit Tacrolimus behandelt wurden, geben keinen Hinweis auf eine negative Beeinflussung der Schwangerschaft oder des Schwangerschaftsausgangs (70).
Bisher sind 154 Kinder bekannt, die unter Tacrolimus gestillt wurden (65). Bei der Mehrheit der Kinder war Tacrolimus im Blut nicht nachweisbar und es wurden keine Auffälligkeiten bei den Säuglingen berichtet.
Das Fortführen einer Tacrolimus Therapie während der Schwangerschaft kann erwogen werden. Stabil eingestellte Patienten sollten nicht umgestellt werden, da eine gute Kontrolle der Krankheitsaktivität den Schwangerschaftsverlauf positiv beeinflusst.
Unter Tacrolimus kann gestillt werden.
Methotrexat (MTX) hemmt die Wirkung von Folsäure, welche für die Entwicklung des Feten essentiell ist, und verbleibt nur wenige Tage im Körper (71). Nach der Anwendung in den ersten Schwangerschaftswochen wurden neben einer erhöhten Rate an Spontanaborten und Totgeburten bereits unterschiedliche Fehlbildungen beobachtet, wie Anomalien des Schädels, Gesichts, der Extremitäten und des Nervensystems sowie Wachstums- und Entwicklungsverzögerungen und Intelligenzminderung (72, 73).
Unter MTX kann es bei Frauen zu einem Ausbleiben der Menstruation oder anderen Störungen des Zyklus kommen, bei Männern gibt es Hinweise darauf, dass die Spermienzahl vermindert sein kann. Allerdings gibt es zum Einfluss einer MTX Behandlung auf die männliche Fertilität keine ausreichende Datenlage (74). Eine derzeit laufende Studie (NCT02461784) untersucht diesen Punkt bei männlichen Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, um Empfehlungen zu verbessern.
Der Effekt einer MTX Therapie auf eine eventuell väterlich vermittelte Fruchtschädigung wurde bisher ebenfalls noch nicht hinreichend untersucht. Da in Tierversuchen genotoxische Effekte (Änderung des genetischen Materials) beobachtet wurden, kann ein erhöhtes Risiko beim Menschen nicht ausgeschlossen werden. Dennoch wurden in einem systematischen Review von 12 Veröffentlichungen mit 302 MTX exponierten Vätern nur eine kleine Kohortenstudie identifiziert, die von einer Fehlbildung berichtet (35). Eine weitere Beobachtungsstudie mit 127 über den Vater mit MTX exponierten Schwangerschaften lieferte keinen Hinweis auf ein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen, Fehlgeburten oder Frühgeburten (75). Diese Ergebnisse liefern eine weitere Bestätigung dafür, dass MTX möglicherweise eine sichere Therapie für Männer mit Kinderwunsch darstellt.
Informationen zur Anwendung von MTX während der Stillzeit liegen nur begrenzt vor. In zwei Fallberichten wurde beschrieben, dass MTX nur in sehr geringen Dosen in die Muttermilch übergeht (76) und die Dosis für den gestillten Säugling unter einem 1 % der mütterlichen Dosierung liegen würde (77).
Die Anwendung von MTX ist während der Schwangerschaft kontraindiziert, daher müssen effektive Verhütungsmaßnahmen sichergestellt werden. Patientinnen mit Kinderwunsch sollen MTX 6 Monate vor einer geplanten Schwangerschaft absetzen und ggf. auf eine Alternativtherapie (Azathioprin, Rituximab) eingestellt werden. Während der Behandlung mit MTX müssen in regelmäßigen Abständen Schwangerschaftstest durchgeführt werden, insbesondere nach Verhütungslücken. Sollte es zu einer unbeabsichtigten Exposition während der Schwangerschaft kommen, ist die Therapie zu beenden und es wird eine intensivierte Ultraschalluntersuchung einschließlich einer Organfeindiagnostik empfohlen.
Meist wird stillenden Frauen von einer Therapie mit MTX abgeraten. Da jedoch aufgrund des geringen Übergangs in die Muttermilch eine Schädigung des gestillten Säuglings unwahrscheinlich ist, halten einige Mediziner Stillen unter einer niedrig dosierten Therapie mit MTX für akzeptabel.
Intravenöse Immunglobuline (IVIG) sind aufgereinigte IgG-Antikörper eines Pools von Spendern. Wie auch andere Antikörper können sie insbesondere während des letzten Schwangerschaftsdrittels die Plazentaschranke überwinden. Unter der Therapie mit IVIG besteht ein gering erhöhtes Thromboserisiko; nicht bekannt ist, ob es in der Schwangerschaft erhöht sein könnte.
Die Literatur gibt bislang keinen Hinweis darauf, dass die Gabe von IVIG während der Schwangerschaft das teratogene oder fetotoxische Risiko erhöht (78, 79). Einzig eine Untersuchung mit 93 Frauen, die IVIG während der Schwangerschaft zur Hepatitisprophylaxe erhalten haben, wurde von einer gehäuften Veränderung der Hautlinie an den Fingerkuppen der Kinder berichtet, wenn die Exposition in den ersten 162 Tagen der Schwangerschaft erfolgte (80).
In einer kleinen Studie mit 5 an Myasthenie erkrankten Schwangeren, die ausschließlich IVIG während der Schwangerschaft erhalten haben, zeigte sich keine Verschlechterung der Krankheitsaktivität sowohl während als auch nach der Schwangerschaft (81). Keines der Kinder zeigte eine neonatale Myasthenie oder andere Auffälligkeiten.
IgG-Antikörper sind ein normaler Bestandteil der Muttermilch und können zum Schutz des Neugeborenen vor Erregern über die Schleimhäute beitragen. In der Literatur gibt es keine Hinweise darauf, dass negative Effekte bei Säuglingen, die unter IVIG gestillt werden, zu erwarten sind (82).
Die Gabe von IVIG kann auch während einer Schwangerschaft bei myasthener Verschlechterung oder einer myasthenen Krise in Betracht gezogen werden. Allerdings sollten die unspezifischen Risiken, die allgemein mit der Gabe menschlicher Blutprodukte einhergehen, wie Erregerübertragung oder Anaphylaxie, vorher diskutiert werden.
Unter IVIG kann gestillt werden.
Rituximab (RTX) ist ein monoklonaler Antikörper, der sich gegen Oberflächenmoleküle bestimmter weiße Blutkörperchen (B-Lymphozyten) richtet. Da Rituximab somit in das Immunsystem eingreift, kann es unter der Therapie zu einem erhöhten Infektionsrisiko kommen. Monoklonale Antikörper gelangen im ersten Trimenon nicht zu den Feten, werden aber ab dem zweiten Trimenon aktiv über die Plazentaschranke transportiert (83, 84). In Tierversuchen zeigte sich, dass RTX zwar keine fruchtschädigende (teratogene) Wirkung hat, die Anzahl der B-Lymphozyten bei den Jungtieren jedoch verringert war. Dies hatte eine Unterdrückung bestimmter Prozesse des Immunsystems zur Folge, war aber innerhalb der ersten 6 Monate wieder rückgängig (85).
Aus der globalen RTX Sicherheitsdatenbank wurden bisher 153 Fälle mit RTX Exposition vor oder während der Schwangerschaft berichtet (86). In dieser Kohorte wurde keine erhöhte Fehlbildungsrate beobachtet, die Fehlgeburten- und Frühgeburtenraten lagen jedoch bei 21 % bzw. 24 %. Diese Zahlen liegen zwar über den in der Normalbevölkerung zu erwartenden Raten, können aber auch ein Risiko einhergehend mit der mütterlichen Erkrankung widerspiegeln (ein großer Teil der Frauen litt an rheumatoider Arthritis oder Non-Hodgkin Lymphom). Bei 11 Kindern fanden sich Blutbildauffälligkeiten (Verringerte Anzahl an B-Lymphozyten, roten Blutkörperchen oder Blutplättchen). Diese waren jedoch nicht schwerwiegend, vorübergehend und traten häufiger nach einer RTX Exposition im zweiten oder dritten Trimenon der Schwangerschaft auf.
Weitere 102 Schwangerschaften von Frauen, die RTX in den letzten 6 Monaten vor der Schwangerschaft oder während der Schwangerschaft erhalten haben, wurden in einem systematischen Review untersucht, ohne Auffälligkeiten in Bezug auf Fehlbildungen oder Fehlgeburten (87). 39% der Neugeborenen, von denen ein Blutbild vorlag, wiesen Auffälligkeiten auf. Alle Mütter dieser Kinder hatten in der Schwangerschaft RTX erhalten. Die Mütter der Kinder ohne Blutbildauffälligkeiten hatten RTX während den letzten 6 Monaten vor der Schwangerschaft oder auch während der Schwangerschaft erhalten.
Bisher gibt es keinen Hinweis darauf, dass RTX die weibliche oder männliche Fertilität beeinträchtigen würde (88). Daten zur väterlichen Exposition mit RTX liegen bisher nur in 9 Fällen vor. 7 Kinder wurden gesund geboren, 2 Schwangerschaften endeten in einer Fehlgeburt (86).
Tierversuche belegen, dass RTX in die Milch übergeht, wenn auch in sehr geringen Dosen (85). Beim Menschen ist ein Fall bekannt, in dem ebenfalls nur ein Bruchteil (1/240tel) der mütterlichen RTX Konzentration in die Milch übergegangen ist (89).
Laut Empfehlungen der Fachinformation sollen Patientinnen, die mit RTX behandelt werden, bis zu 12 Monate nach Therapieende effektive Verhütungsmaßnahmen anwenden.
Im Einzelfall kann bei Patientinnen mit hochaktiver Krankheitsaktivität in Betracht gezogen werden, eine Schwangerschaft wenige Wochen nach dem letzten Therapiezyklus zu planen (90). Sollte innerhalb von 6 Monaten keine Schwangerschaft eintreten, kann RTX erneut verabreicht werden. Eine Nachdosierung ist nach Auftreten von schweren krisenhaften Verschlechterungen während der Schwangerschaft und intensiver Nutzen-Risiko-Bewertung ebenfalls möglich. Das individuelle Vorgehen muss mit dem behandelnden Neurologen besprochen werden.
Wird RTX weniger als 3 Monate vor oder während der Schwangerschaft verabreicht, so kann beim Neugeborenen unmittelbar nach der Geburt die Abnahme eines großen Blutbildes und die Bestimmung der B-Lymphozytenzahl aus dem Nabelschnurblut erfolgen. Eine anhaltende verminderte B-Lymphozytenzahl hätte die eventuelle Konsequenz, dass Impfungen verschoben werden müssen.
Sollte nach ausgiebiger Nutzen-Risiko-Abwägung und nach Prüfung aller alternativen Therapieoptionen ein Stillen unter der Therapie akzeptabel erscheinen, empfehlen wir eine Bestimmung der B-Lymphozyten beim Säugling.
Eculizumab ist ein monoklonaler Antikörper, der sich gegen das Komplementprotein C5 richtet und so einen Teil des unspezifischen Immunsystems blockiert. Somit kann unter der Therapie das Infektionsrisiko erhöht sein. Ab dem zweiten Trimenon kann Eculizumab zum Feten gelangen. In Tierversuchen traten bei der vierfachen Normaldosierung nur vereinzelt Auffälligkeiten auf (2 Fälle mit Fehlbildungen der Netzhaut, 1 Nabelbruch). Ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten wurde nicht beobachtet (91).
In den letzten Jahren wurden 100 Fälle mit Eculizumab Behandlung während der Schwangerschaft (Patienten mit Paroxysmal nächtlicher Hämoglobinurie, atypischem hämolytisch-urämisches Syndrom und HELLP-Syndrom) berichtet, ohne erkennbare Risiken für den Feten oder das Neugeborene (92, 93). Konzentrationen im Nabelschnurblut sind ebenfalls so gering, dass ein Effekt beim Kind unwahrscheinlich ist (94, 95).
Bisher liegen nur begrenzte Erfahrungen zur Anwendung von Eculizumab in der Stillzeit vor. Konzentrationsmessungen von 10 Muttermilchproben ergaben jedoch, dass Eculizumab nicht in die Muttermilch übergeht (93). Daher sind keine Auswirkungen auf gestillte Neugeborene zu erwarten.
Eculizumab kann als Therapieoption für Frauen mit Kinderwunsch in Betracht gezogen werden. Nach Angaben des Herstellers sollen Frauen im gebärfähigen Alter in Betracht ziehen, während der Behandlung mit Eculizumab und mindestens 5 Monate nach der letzten Dosis effektive Verhütungsmaßnahmen anzuwenden (91). Sollte die Behandlung nach intensiver Nutzen-Risiko-Bewertung während einer Schwangerschaft und Stillzeit für notwendig erachtet werden, wird zu einer strengen Überwachung von Mutter und Kind geraten.
Ravulizumab ist ein monoklonaler IgG-Antikörper, der spezifisch an das Komplementprotein C5 bindet und so einen Teil des unspezifischen Immunsystems blockiert. Somit kann unter der Therapie das Infektionsrisiko für die Mutter erhöht sein (100).
Es liegen keine ausreichenden tierexperimentellen Studien sowie klinischen Daten über die Anwendung von Ravulizumab in der Schwangerschaft vor. Bekannt ist, dass IgG Antikörper ab dem zweiten Trimenon die Plazentaschranke passieren können. Demzufolge könnte Ravulizumab einen Einfluss auf den fetalen IgG-Kreislauf haben.
Bisher liegen keine Erfahrungen zur Anwendung von Ravulizumab in der Stillzeit vor. Wie bei anderen monoklonalen Antikörpern ist zu erwarten, dass Ravulizumab in die Muttermilch übergehen könnte, allerdings, wenn überhaupt, nur in geringen Mengen. Eine Aufnahme durch den Säugling ist nicht zu erwarten, da es wahrscheinlich im Magen-Darm-Trakt des Säuglings zerstört wird (102, 103).
Ravulizumab kann als Therapieoption für Frauen mit Kinderwunsch in Betracht gezogen werden. Während der Behandlung und bis zu acht Monate danach sollte bei gebärfähigen Frauen eine wirksame Verhütung erfolgen. Jedoch kann nach intensiver Nutzen-Risiko-Bewertung eine Behandlung mit Ravulizumab auch während einer Schwangerschaft in Betracht gezogen werden. Nach Empfehlung des Herstellers sollte das Stillen während der Therapie mit Ravulizumab und für 8 Monate nach der letzten Dosis unterbrochen werden, um potentielle unerwünschte Reaktionen zu vermeiden.
Ein weiterer monoklonaler Antikörper ist das Mitte 2022 zugelassene Efgartigimod, welcher bei AChR positiven MG-PatientInnen eingesetzt wird. Es verringert den IgG-Spiegel, einschließlich pathogener IgG-Autoantikörper, ohne den Spiegel anderer Immunglobuline oder den Albuminspiegel zu beeinflussen. Durch diesen vorübergehenden Mangel an IgG Antikörper, kann das Infektionsrisiko für die Schwangere Frau erhöht sein.
In Tierversuchen wurden weder unerwünschte Wirkungen auf die Fertilität oder Trächtigkeit der Tiere noch eine fruchtschädigende (teratogene) Wirkung beobachtet. Daten zur Anwendung von Efgartigimod während der Schwangerschaft am Menschen liegen bisher nicht vor, es ist jedoch bekannt, dass Efgartigimod, wie andere monoklonale Antikörper auch, ab dem zweiten Trimenon aktiv zum Feten gelangen kann. Da Efgartigimod nach ca. 4 Wochen aus dem Körper eliminiert ist, kann die Planung einer Schwangerschaft kurz nach der letzten Infusion eines Behandlungsyzklus in Betracht gezogen werden.
Bisher liegen keine Erfahrungen in der Stillzeit vor. Die Auswirkungen auf den gestillten Säugling oder die Auswirkungen auf die Milchproduktion sind bisher nicht bekannt. Durch den unter Efgartigimod verringerten IgG-Spiegel der Mutter, ist eine geringere Menge an für den Säugling vorteilhaften mütterlichen IgG-Antikörpern zu erwarten, was zu einer vorübergehenden Abwehrschwäche führen könnte.
Ob Efagrtigimod in die Muttermilch Übergeht ist bisher unbekannt. Es wurden keine Tierstudien zum Übergang in die Milch durchgeführt, so dass eine Ausscheidung in die Muttermilch nicht ausgeschlossen werden kann. Aus Daten zu anderen strukturverwandten Wirkstoffen ist bekannt, dass monoklonale Antikörper zwar in kleinen Mengen die Muttermilch übergehen können, die Konzentrationen jedoch meist so gering sind, dass keine negativen Einflüsse auf den gestillten Säugling zu erwarten sind.
Laut Fachinformation sollte eine Behandlung von schwangeren Frauen mit Efgartigimod nur dann in Betracht gezogen werden, wenn der klinische Nutzen die Risiken überwiegt. Es ist zu erwarten, wie bei anderen Monoklonaler Antikörper, dass Efgartigimod aktiv über das Blut und die Plazenta (barriere), ab dem 2. Trimenon in den Fötus transportiert wird. Da Efgartigimod die mütterlichen Antikörperspiegel senkt und auch die Übertragung von mütterlichem Antikörper auf den Fötus hemmt, ist eine Verringerung des sogenannten „Nestschutzes“ für das Neugeborene zu erwarten. Daher sollen die Risiken und Nutzen der Verabreichung von Lebendimpfstoffen/abgeschwächten Lebendimpfstoffen an Säuglinge, deren Mutter Efgartigimod in der Schwangerschaft eingenommen hat, abgewogen werden. Hier kann das Infektionsrisiko erhöht sein.
Eine Behandlung von stillenden Frauen mit Efgartigimod sollte nur in Betracht gezogen werden, wenn der klinische Nutzen die Risiken überwiegt.
Im Falle einer myasthenen Krise während der Schwangerschaft ist eine IVIG (= intravenöse Immunglobuline) Gabe Therapie der Wahl. Eine Unterform dieser Eiweißstoffe, Immunglobuline der Subgruppe IgG, sind plazentagängig. Sie stellen laut aktueller Studienlage keine Gefahr für das Ungeborene dar (siehe Abschnitt „Medikamentöse Therapie in der Schwangerschaft“.
Plasmapherese oder Immunadsorption können während der Schwangerschaft ebenfalls in Betracht gezogen werden, um im Falle einer myasthenen Krise Autoantikörper rasch und effizient zu entfernen. Es ist nicht bekannt, dass eine Anwendung der Plasmapherese während der Schwangerschaft ein erhöhtes Risiko birgt, und kann daher nach Risiko-Nutzen-Bewertung angewandt werden (96).
Die Immunadsorption ist eine weitere medikamentenfeie Therapieoption. Eine retrospektive Studie untersuchte die Tryptophan-Immunadsorption zur Behandlung von akuten MS- und NMOSD- Schüben während der Schwangerschaft (n=20) und Stillzeit (n=4). Es wurden weder fetale Anomalien noch Komplikationen beobachtet, die auf die Anwendung der Immunadsorption zurückzuführen waren (97).
Um die effiziente Entfernung der pathogenen Autoantikörper auch während einer Schwangerschaft zu gewährleisten, ist besonders darauf zu achten, dass der physiologische Anstieg des mütterlichen Blutvolumens während des 2. und 3. Trimenons berücksichtigt wird (98).
Eine weitere Besonderheit gilt für Rhesus-negative Schwangere. Die zur Anti-D-Prophylaxe eingesetzten Immunglobuline werden durch eine Plasmapherese/Immunadsorption ebenfalls ausgewaschen, so dass eine zusätzliche Dosierung erforderlich sein kann.
Plasmapherese und Immunadsorption gelten derzeit als relativ sichere Behandlungsoptionen während der Schwangerschaft, doch sind systematische Untersuchungen der Auswirkungen auf den Verlauf und Ausgang der Schwangerschaft erforderlich.